Rezension
Wie geht Kunst?
„Wie geht Kunst? Künstlerische Prozesse bei SchülerInnen und LehrerInnen“,
Eva Voermanek, Silke Wißmann (Hg.); university press, Kassel, 208 Seiten; ISBN 3-5639-3490-5
Das Buch der Herausgeberinnen Eva Voermanek und Silke Wißmann basiert auf deren Unterrichtsversuchen in einem Grund- und Leistungskurs, dem sich eine rückwärtige Betrachtung der Entwicklungen, die zum Unterricht führten, sowie der im Unterricht ablaufenden Prozesse anschließt.
Dabei erproben die beiden Autorinnen ein Konzept, nach dem sie in der Unterrichtsvorbereitung als Künstlerinnen agieren und so im Unterricht nicht nur die Nähe zur Kunst suchen, sondern vielmehr Unterricht als künstlerischen Prozess verstanden wissen wollen. Diese Einstellung führt zu eigenwilligen Verläufen in der Unterrichtsvorbereitung wie im anschließenden Unterricht.
Um die Wege aufzuzeigen, die schließlich Unterricht zu Kunst machen sollen, ist das Buch in sieben Kapitel unterteilt. Die Abschnitte „Was ist Kunst?“, „Wie geht Kunst?“ und „Wie geht Kunstunterricht?“ liefern keine Klärung dieser Fragen, sondern sollen die Anhaltspunkte darstellen, an Hand derer der anschließend dargestellte Unterricht entwickelt wurde.
Zunächst werden lediglich exemplarisch unter Zuhilfenahme weniger Literatur die Begriffe „Readymade“, „Performance“ und „Kontext-Kunst“ erläutert und anschließend besprochen. Darauf erkunden Voermanek und Wißmann eine Arbeit von Bruce Nauman, um dessen „künstlerischen Gehversuche“ nachzuvollziehen und daran Parallelen zum Problemlöseprozess aufzuzeigen. Im Folgenden wird dann eine Annäherung an den Modus des Kunst Machens versucht, welche mit der Diskussion um den Kunstbegriff an sich einhergeht.
Um anschließend die durchgeführte Unterrichtseinheit darzulegen, wird zunächst das dieser zu Grunde liegende Verständnis der beiden Autorinnen dargelegt, das von einer Offenheit und Neugier gegenüber sich im Unterricht entwickelnder Prozesse geprägt ist.
Im folgenden Kapitel werden die „Künstlerischen Prozesse bei SchülerInnen“ dargelegt und damit bereits in der Überschrift bewusst das Vokabular des >künstlerischen Handelns< der Schülerinnen und Schüler verwendet. Diese Prozesse werden an Hand der „Kunstspiele“ in deren „Spielphasen“ dargestellt, dabei weisen die „Spielanleitungen“ die Bandbreite vom Impuls, der freies Arbeiten anregen soll, bis zur konkreten Vorgabe etwa des Formats („70x100“) auf.
Als die Autorinnen festhalten, dass bei den Schülerinnen und Schülern der Wunsch nach dem „schönen Bild“ hin zu einer freien, vielfältigen Auseinandersetzung aufgebrochen werden konnte, beschreiben sie zum Einen das positive Resultat ihres Unterrichts, weisen damit zum Anderen aber auf ein schwerwiegendes Defizit vielfach praktizierten Unterrichts hin: In der Oberstufe müssen sich Jugendliche längst vom Ideal des „schönen Bildes“ entfernt haben und offene, eigenständige Prozesse im Kunstunterricht als eine Möglichkeit der bildnerischen Auseinandersetzung kennen, wenn nicht sogar präferieren.
Es schließt sich das Kapitel der „Künstlerischen Prozesse bei LehrerInnen“ an, das das Vorbereiten von Kunstunterricht als künstlerischen Prozess der Lehrkräfte beschreibt und den Unterricht als Kunstwerk definiert. Damit entzieht sich Beides didaktischen und methodischen Wertekriterien, der Unterricht muss als Kunstwerk besprochen werden, das in diesem Fall in „Performance“, „Readymade“ und „Kontext-Kunst“ verortet werden will.
Wenn der Unterricht aber künstlerischen Anforderungen entsprechen muss, dann ist er auf Grund der weitgehenden Zugeständnisse an Konventionen (z.B. Klausur, Klausurverlauf und –bewertung) in seiner Qualität hier kritisch zu hinterfragen.
Den Abschluss des Buches bilden die „Kommentare“ unterschiedlicher Kunstpädagoginnen und Kunstpädagogen, die ihrerseits die ihnen vorgelegte Arbeit besprechen.
Insgesamt ist Leglers in diesen Kommentaren getroffenen Aussagen voll beizupflichten, als er kritisch die Verwendung der „Begriffe >Kunstwerk< und >künstlerisch< (S.190) hinterfragt und letztlich durch die ausgedrückte Hoffnung, die Autorinnen mögen „nicht so schnell zur >Normalität< des Kunstunterrichts zurückkehren“ (S.191), im dargestellten Unterricht von Wißmann und Voermanek zahlreiche Ansätze für guten Kunstunterricht sieht.
Oliver M. Reuter
Oliver M. Reuter