Rezension

Kaiser, Brigitte: Inszenierung und Erlebnis in kulturhistorischen Ausstellungen, Museale Kommunikation in kunstpädagogischer Perspektive. transcript Verlag, Bielefeld 2006, ISBN 3-89942-452-2


In der Museumslandschaft entwickelt sich zunehmend eine Diskussion um die Konzepte zur Ausstellungspräsentation. Objektorientierte Darstellungen weichen verstärkt Formen kommerziell ausgerichteter Ausstellungen. Kommerzialisierung und Besucherorientierung inszenierter Ausstellungen dienen als Bezugspunkte der Untersuchung gegenwärtiger Ausstellungskultur.

Die Veränderung kulturhistorischer Ausstellungen von einer objektorientierten Präsentation zu einer Inszenierung als Erlebnisort ist der Ausgangspunkt der nun neu vorliegenden Publikation von Brigitte Kaiser.

Zunächst werden wesentliche Arbeitsdefinitionen zu den Begriffen der Inszenierung und des Erlebnisses im Kontext von Ausstellungen theoretisch angeführt. Daraufhin werden die pädagogischen Perspektiven musealer Kommunikation beleuchtet. Die Frage nach der Bildungsfunktion von Museen ist vor dem Hintergrund stetigen gesellschaftlichen Wandels immer neu zu stellen.

Die historische und die ästhetische Erfahrung sind mögliche Erfahrungen, die Ausstellungsbesucher in Museen machen können. Beide Erfahrungschancen werden erläutert und gegenübergestellt. Dabei werden die Konsequenzen der Ausrichtung von Ausstellungen auf eine der beiden Erfahrungen an Hand von exemplarisch ausgewählten Ausstellungen kritisch diskutiert.

Unter den didaktischen Aspekten Handlungsorientierung, Anschaulichkeit, Ganzheit und Differenzierung diskutiert Brigitte Kaiser im Kapitel zur musealen Kommunikation, kommunikative Strategien der Ausstellungskonzeption. Die Kapitel schließen jeweils mit einer Liste zur Evaluierung ab, die sehr praxisnah unter dem Gesichtspunkt der jeweiligen kommunikativen Strategie die wesentlichen Qualitätsaspekte einer Ausstellung fokussiert.

Anschließend werden die politischen und kommerziellen Bestandteile von Ausstellungen besprochen.

Exemplarisch analysiert Brigitte Kaiser schließlich die Landesausstellung „Kaiser Heinrich II. 1002-1024“, die durch das Haus der Bayerischen Geschichte in Augburg konzipiert wurde und 2002 in Bamberg stattfand. Bei der Konzeption der Ausstellung war es das Ziel, über eine Orientierung am Besucher sowohl fachlich bereits kompetentes Publikum anzusprechen als auch einem breiten Publikum einen Zugang zum Inhalt der Ausstellung zu ermöglichen. Basis der Ausstellungskonzeption waren die drei Säulen der archäologischen Rekonstruktion, der Inszenierung sowie der „Schatzkammer“. Somit waren unterschiedliche Strategien zur Ausstellungskonzeption unter dem Dach einer Schau vereint. Die Strategien sind somit gut vergleichbar.

Unter Zuhilfenahme vorher erarbeiteter Aspekte werden räumliche Ausstellungspassagen beschrieben und mit Bildmaterial ergänzt. Die Besucherbefragung wird als zentrales Instrument der empirischen Untersuchung genutzt. Mit einem Fragebogen und einem leitfadenorientierten Interview soll ein Meinungsbild der Besucher erstellt werden, um so die Ausstellung aus Besuchersicht zu erforschen. Die empirische Untersuchung ist mit Bildmaterial anschaulich dargestellt.

Brigitte Kaiser blickt differenziert hinterfragend auf die derzeitige Ausstellungskultur. Dabei unterlässt sie auch nicht den berechtigten kritischen Blick auf den mangelnden Einbezug von Museumspädagogen in die Konzeption von Ausstellungen.

Ausstellungsthema, Ort und Exponate machen jede Ausstellung derart individuell, dass kein auf sämtliche Ausstellungen übertragbares Konzept erstellt werden kann. Ohne konkrete, alleingültige Anleitung für eine Ausstellungsgestaltung geben zu wollen, sensibilisiert die Lektüre des Buches für wesentliche Aspekte der Ausstellungsgestaltung. Mit dem Plädoyer für eine besucherorientierte und ganzheitliche Ausstellungskonzeption wird nostalgischer Vergangenheitsdarstellung eine deutliche Absage erteilt.

Das klar gegliederte Buch mit Bildmaterial, das Kaisers Argumentation unterstützt und gut illustriert, legt die wesentlichen Qualitätsmerkmale und Standards zeitgemäßer Ausstellungskonzeption fest. Es kann Hilfestellung für die Konzeption, Organisation und Durchführung von Ausstellungen sein und ist darüber hinaus für jeden zu empfehlen, der sich für das Ausstellungswesen interessiert.

Oliver M. Reuter